Lesedauer: ca. 4 Minuten
Im Vergleich zu konventionellen Trainingsmethoden gibt es einige Vorteile, aber durchaus auch einige Einschränkungen des EMS-Trainings. Viele Argumente und Vorurteile gegen ein EMS-Training resultieren jedoch häufig aus unbegründeten Ressentiments oder aus nicht vergleichbaren Erfahrungen mit lokaler Elektrostimulation.
Grundsätzlich gilt, Elektrostimulation ist eine von zahlreichen Methoden im Krafttraining – entsprechend gelten auch hier die gängigen Trainingsprinzipien. Ein simpler Vergleich von „besser“ oder „schlechter“ bringt herzlich wenig: Eine Hantel allein zaubert noch keine Muskeln herbei, dies geschieht erst über die korrekte Verwendung und entsprechende Übungen. Ebenso verhält es sich mit dem EMS-Training – das Gerät alleine bewirkt noch keine - oder Figurformungseffekte; entscheidend sind Verwendung und Kombination mit den richtigen Übungen. Die folgende Gegenüberstellung beschränkt sich daher nur auf einige Aspekte, die bei EMS-Anwendungen grundlegend zu bedenken sind:
Rekrutierungsverhalten
Bei konventionellem Krafttraining werden zu Beginn erst langsame, ausdauernde Fasern angesprochen; erst bei höheren Intensitäten und gegen Ende einer intensiven Kraftbelastung werden die wenig ausdauernden, dafür mit hohem Kraftpotenzial ausgestatteten schnell zuckenden Fasern aktiviert – jedoch auch nur im Rahmen der zu bewältigenden Kraft. Beim EMS-Training werden von Beginn an und bevorzugt die schnell kontrahierenden, dickeren motorischen Einheiten angesprochen. Diese liegen meist oberflächlicher und sind leichter durch externe EMS reizbar, als sie willentlich zu aktivieren sind, was u.a. auch eine Fasertransformation (s.o.) ermöglicht und die guten Muskelaufbaueffekte erklärt.
Daher ist oft von einer Umkehrung des physiologischen Rekrutierungsprinzips (nach Henneman) die Rede. Demzufolge würden also zuerst fast ausschließlich schnelle FT-Fasern und erst später die langsamen ST-Fasern rekrutiert. Neuere Studien kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass keine Umkehrung stattfindet, sondern die Rekrutierung eher nach räumlicher Lage und zu einem hohen Anteil nach dem Zufallsprinzip erfolgt. Somit werden schnelle und langsame Muskelfasern gleichermaßen trainiert und lassen sich in Abhängigkeit von Parametern wie Frequenz und Intensität nur betonen, aber nicht exklusiv ansprechen.
Ansteuerung bestimmter Kraftziele
Die Wahl verschiedener Parameter (besonders der Frequenz) erleichtert die Akzentuierung bestimmter Kraftziele. So stehen niedrigere Frequenzen mit langen Impulsen eher für Ausdauereffekte und Ermüdungswiderstandsfähigkeit, höherfrequente intensive Impulse eher für Schnellkraft und intensive EMS mit dynamisch/statischen Kontraktionen eher für Muskelaufbau und Kraftausdauer. Allerdings gibt es auch hier – ähnlich wie beim Krafttraining mit Gewichten – interindividuelle Unterschiede, sodass einige Trainierende auf den gleichen Reiz mit anderen Effekten reagieren können als andere.
Niedrige Gelenkbelastung
Durch das Aktivieren nahezu aller motorischen Einheiten sind hohe Intensitäten auch ohne zusätzliche Gewichte mit entsprechender Belastung der passiven Strukturen möglich. Somit ist eine gute Hypertrophie möglich – auch ohne die Gefahr großer Zusatzlasten. Leichte Technikfehler werden aufgrund der gleichzeitigen Stimulation der stabilisierenden Muskeln, Agonisten und Antagonisten leichter toleriert, eine Grundspannung der Core-Muskulatur ist stets während der Impulse gegeben, was bei intensivem Krafttraining oft erst einer intensiven Wahrnehmungsschulung bedarf. Dies macht EMS besonders gut einsetzbar für Freizeitsportler, Senioren und Patienten in der Therapie.
Weniger kardiale Belastung
Gegenüber klassischem Krafttraining steigen Herzfrequenz und Blutdruck deutlich weniger stark an und zeigen ein stabileres Verhalten über das gesamte Training. Gleichzeitig zeigen sich Anwendungen mit Ganzkörper-EMS in Studien als hoch ausdauerwirksam. Auch die Laktatanhäufung fällt deutlich geringer aus als bei konventionellem Training mit Gewichten, das stabile Steady State wird selten oder weniger stark überschritten.
Tiefer gelegene Muskelgruppen wie die autochthone Rückenmuskulatur werden bei der EMS automatisch und schon mit wenig Aufwand erreicht – ohne spezielle Wahrnehmungsschulung wie etwa beim Core-Training oder der Rückenschule. Damit wird das Training mit EMS besonders interessant für die Bekämpfung von Rückenbeschwerden.
Die Einschränkungen
EMS ist zwar aufgrund der starken Stimulation für die Muskulatur intensiver, was sich in einer höheren lokalen Muskelermüdung (Fatigue) in Experimenten zeigt – aber man merkt es nicht! Weiter werden die Propriozeption und einige Regelsysteme bei EMS zum Teil gestört. Die neuromuskuläre Koordination wird dadurch schwer trainierbar, ein Transfer in funktionelle Bewegungen kann erschwert werden, besonders bei passiven und statischen Anwendungen. Allerdings muss einschränkend betont werden, dass auch im konventionellen Krafttraining solche Transferprobleme entstehen. Ganzkörper-Systeme wie miha bodytecversuchen diese negativen Einflüsse durch aktive und willentliche Anspannung und Bewegungen zu umgehen.
Aus diesen Besonderheiten resultieren zwei spezielle Forderungen für das Training mit EMS:
1. Mit niedrigen Intensitäten arbeiten:
Die Intensität alleine ist dabei ausschlaggebend, wie stark der Grad der Muskelzellschädigung ausfällt – was zwar einerseits in bestimmtem Maße für die Reparaturvorgänge nötig ist, die einen Muskelaufbau ermöglichen, aber andererseits auch bei zu hohem Ausmaß die Regeneration unnötig verlängern und so die Leistungsfähigkeit reduzieren können (Übertraining, extremer Muskelkater mit Bewegungseinschränkungen). Daher gilt es, ein besonderes Augenmerk auf das korrekte Einstellen der Intensität zu richten, gerade bei Trainingseinsteigern! Gerade bei ungewohnten intensiven Belastungen mit EMS empfiehlt sich ein 2-bis 3-maliges Eingewöhnungstraining mit deutlich reduzierter Intensität, bevor das Training intensiver betrieben wird.
2. Auf ausreichend Regeneration achten:
Das Prinzip der Belastung und Erholung fordert hier besondere Beachtung. Entsprechend müssen Trainingshäufigkeit und auch Trainingsdauer und -intensität an die Belastbarkeit des Trainierenden angepasst werden. Hier ist besonders auf ausreichenden Schlaf und eine auf das Trainingsziel und die Regeneration abgestimmte Ernährung (Flüssigkeit, Nährstoffverteilung) sowie die Reduzierung von Stress zu achten. Gegebenenfalls müssen weitere Trainingseinheiten an die zusätzliche Belastung durch EMS angepasst werden. Eine Regeneration von 1–4 Tagen zwischen den Trainingseinheiten gilt dabei als Minimum bei intensive Ganzkörper-EMS-Belastungen (in Abhängigkeit von der individuellen Belastungsverträglichkeit).
Bist du auf der Suche nach einem effektiven & gelenkschonenden Training? Dann bist du bei uns genau richtig!
Finde deinen passenden EMS-Anbieter in der Nähe
Quelle: EMS Beratungs- und Trainingshandbuch, GluckerKolleg
©2020 Redaktion EMS-TRAINING.DE